„Joghurt“ dürften die meisten Verbraucher vermutlich mit „irgendwie tendenziell gesund“ assoziieren. Ein Joghurt-Drink „Himbeere“ kann also schon mal gar nicht soo schlecht sein. Sollte man meinen.
ja! Joghurt-Drink Himbeere unter der Lupe
Jedenfalls tut der Hersteller REWE alles dafür, dass dieses Produkt den Anschein erweckt, es handle sich dabei um ein gesundes Lebensmittel. Oder zumindest nicht um ein gesundheitsschädliches Produkt.
Da prangt zum Beispiel auf dem Etikett groß der Hinweis, dass der Drink nur 0,1% Fett im Milchanteil habe.
Und für besonders kritische Kunden gibts direkt darunter noch das Pro Planet-Logo. Damit sollten mögliche Bedenken bezüglich der Herstellung und der Inhaltsstoffe aus dem Weg geräumt sein.
Fett ist böse!
In jahrelanger Lobbyarbeit wurde es den Verbrauchern eingetrichtert: Fett ist böse. Achtet beim Einkauf darauf, dass ihr fettarme Lebensmittel kauft. Zum Beispiel einen Joghurtdrink, der nur 0,1% Fett im Milchanteil hat. Wie zufällig gab es plötzlich zu praktisch allen Produkten auch fettarme oder fettfreie Varianten.
Wo also ist jetzt der Haken? Was ist faul an dieser Produktpräsentation? Werfen wir also mal einen genaueren Blick auf das Etikett. Dort finden sich erstaunlicherweise gleich zwei Inhaltsangaben.
Der erste Textabschnitt in roter und fettgedruckter Schrift beschreibt das Produkt wie folgt:
Getränk aus 81% Joghurt mild aus Magermilch, 8,4% Wasser und 1% Himbeersaft aus Himbeersaftkonzentrat, 0,1% Fett im Milchanteil
Kein Wort von Zucker. Wer es beim schnellen Drüberschauen im Markt dabei belässt, könnte den Eindruck gewonnen haben, dass dieses Produkt gar keinen Zucker enthalte. Und ja nur minimale 0,1 % Fett.
Dass in dieser augenfälligen Inhaltsangabe der Zucker fehlt, ist sicher kein Zufall. Denn bei diesem augenfällig positionierten Text handelt es sich gar nicht um die Pflichtangabe der Inhaltsstoffe.
Zucker, gefolgt von Zucker
Die befindet sich auf der Rückseite und listet die Zutaten in der Reihenfolge ihres gewichtsmäßigen Anteils auf. Und dort muss Zucker als dritte Zutat nach Joghurt und Wasser genannt werden. Direkt gefolgt von Dextrose, was lediglich eine andere Bezeichnung für Glucose (Traubenzucker) ist, was wiederum nichts anderes ist als Monosaccharid oder zu deutsch: Einfachzucker.
Den geringsten Anteil hat natürliches Aroma. Na gut, dass der Fruchtanteil bei Milchprodukten meist lächerlich gering ist, dürfte der halbwegs aufgeklärte Verbrauchertest-TV-Konsument inzwischen ja sowieso schon mitbekommen haben.
Immerhin ist der Joghurt mild und Magermilch klingt auch nicht direkt nach ungesund. Und nach Himbeere dürfte es ja trotzdem schmecken, wie auch immer…
Bis hierher also immernoch kein wirklicher Haken, was den ja! Joghurtdrink Himbeere angeht. Um den finden zu können, müssen wir uns die Nährwerttabelle näher betrachten.
ja! Joghurtdrink: Mehr Zucker als in Coca Cola
Und da kann man glatt einen Zuckerschock bekommen. Den vorderseitig großflächig angepriesenen 0,1% Fett im Milchanteil stehen nämlich knackige 11,8 g Zucker pro 100g gegenüber.
Damit ist im ja! Joghurtdrink Himbeere mehr Zucker pro 100g als in Coca Cola pro (10,6g pro 100ml).
Die Rechnung ist einfach: Damit ein Produkt nach etwas schmeckt, ist ein Geschmacksträger erforderlich: Fett oder Zucker. Reduziert man den Fettanteil, muss man den Zuckeranteil erhöhen, wenn das Produkt nach etwas schmecken soll.
Zucker: Schädliches Gift oder harmloser Energielieferant?
Versucht man, sich im Internet ein neutrales, objektives Bild über die tatsächliche Schädlichkeit von Zucker zu verschaffen, stößt man auf stark unterschiedliche, gar völlig widersprüchliche Aussagen.
Zucker sei harmlos, er mache weder dick noch verursache er Karies, werden da wortgewandte Wissenschaftler zitiert und auch bloggende Zeitgenossinnen äußern sich in dieser Richtung. Diese Beiträge erwecken bei mir den Eindruck, dass sie sehr einseitig pro Zucker verfasst wurden.
Als gelte es, mit allen Mitteln und unter allen Umständen den „guten Ruf“ des Zuckers zu bewahren. Oder wiederherzustellen. Parallelen zu ähnlichen Strategien der Tabakindustrie in den 1960er Jahren „Rauchen ist nicht schädlich“ sind jedenfalls kaum zu übersehen.
Voll verzuckert
Auf der anderen Seite heißt es: Die Überzuckerung ist das Ergebnis jahrzehntelanger erfolgreicher PR- und Marketingarbeit der Zuckerlobby. Die am meisten davon profitiert, wenn die Menschen so viel Zucker wie möglich zu sich nehmen, heißt es zum Beispiel im Film „Voll verzuckert„, zu dem auch ein Buch erschienen ist.
Wie auch immer die wahren Hintergründe bezüglich des Zuckers, seines Images und seiner tatsächlichen Schädlichkeit sein mögen: Das oben vorgestellte Beispiel des ja! Joghurtdrink Himbeere nährt durchaus den Verdacht, dass der außerordentlich hohe Zuckergehalt dieses Produktes so gut es eben geht versteckt wird.
So dürfte es besonders für Menschen mit entsprechender Disposition für Krankheiten, die im Zusammenhang mit einer Überzuckerung stehen, sicher sinnvoll sein, sich beim Einkauf nicht von augenfälligen 0,1%-Fett-Hinweisen blenden zu lassen. Sondern auch immer einen Blick auf den Zuckergehalt zu werfen.